Mit Romina Holz verfügt Fußball-Bundesligist 1. FC Saarbrücken über eine der stärksten Torfrauen. Die 22-Jährige kehrte im Sommer aus Bad Neuenahr zurück, um privat ihr Glück zu finden. Auch wenn sie deswegen vorerst auf die Nationalmannschaft verzichten muss.
Romina Holz erzählt gerne eine Anekdote aus dem Jahr 1998. Die heute 22-jährige Torfrau des Frauenfußball-Bundesligisten FC Saarbrücken war zwar auch damals schon eindeutig als hübsches Mädchen zu erkennen, allerdings nicht für ihren ersten Fußball-Trainer Erich Harz, wie sie sich amüsiert erinnert: „Es ist eine witzige Geschichte: Ich habe immer schon gerne Ballsportarten gespielt, Handball, Fußball, Tennis und so weiter. Aber Fußball bis dahin immer nur auf dem Bolzplatz. Eines Tages wurde ich dann gefragt, ob ich in der Schulmannschaft mitspielen wollte. Ich habe natürlich zugesagt. Bei einem Turnier war dann auch der E-Jugendtrainer des FCS vor Ort. Ich spielte im Tor und hatte meine langen Haare zu Zöpfen gebunden und eine Mütze auf. Der Trainer sagte irgendwann zu einem Mitschüler: ‚Was ist dahinten denn für Einer im Tor? Der mit den langen Haaren.‘ Der Mitschüler sagte daraufhin ‚Das ist ein Mädchen‘, worauf der Trainer wieder antwortete: ‚Ach, egal, schick mir die mal ins Training‘. Also ging ich mal dorthin ins Training, hatte den Torwart zwei Tage später schon verdrängt und spielte seitdem beim FCS.“
Mit dem 1. FCS will sich Romina Holz dauerhaft in der Bundesliga etablieren.
Qualität setzt sich eben durch. Wenn man die Geschichte von Romina Holz und dem 1. FC Saarbrücken weitererzählt, trifft man zwangsläufig auf Ereignisse wie Bundesliga-Aufstieg (2007, 2009), DFB-Pokalfinale (2008) und Titel wie Nationalspielerin (seit U15), Nordic-Cup Siegerin (2005), Europameisterin oder Weltmeisterschafts-Viertelfinalistin (beides 2006). Nur in den letzten fünf Jahren blieb sie seit ihrem Wechsel vom Jugend- in den Aktivenbereich ohne Titel. Vielleicht, weil sie 2009 nach elf Jahren bei den Blau-Schwarzen für eine Saison zum SC Bad Neuenahr wechselte. „Das Angebot kam für mich damals überraschend, ich hatte nicht damit gerechnet. Auf der anderen Seite wollte ich mich weiterentwickeln und brauchte nach elf Jahren beim FCS eine neue Herausforderung. Neuenahr machte mir ein super Angebot mit Job und tollem Vertrag – dort hatten wir sogar zweimal am Tag Training. Das war alles ein bisschen professioneller als in Saarbrücken. Und ich wollte einen wichtigen Schritt in Richtung Nationalmannschaft machen und bin auch deshalb gewechselt.“
Nach dem Wiederaufstieg in die Bundesliga stand die Frauenmannschaft des 1. FCS 2009 vor der Auflösung. Mit Holz, Nadine Kessler, Dzsenifer Marozsan und Selina Wagner – um nur vier zu nennen – verließen wichtige Stützen die Aufstiegs-Mannschaft. „Das war damals wie eine Familie, man hat viel zusammen erlebt. Allein mit Nadine habe ich seit der U15 zusammen in der Nationalmannschaft gespielt und auch alle Höhen und Tiefen beim FCS miterlebt. Nadine ging dann nach Potsdam und da ist alles ein bisschen auseinander gebrochen. Seitdem haben wir nur noch selten Kontakt. Klar, das ist schade, aber sie ist ein Riesentalent und hat den richtigen Weg eingeschlagen“, sagt Holz etwas wehmütig, weiß aber: „Auch für mich war der Wechsel damals auf jeden Fall die richtige Entscheidung. Diese Zeit hat mich menschlich und fußballerisch weitergebracht. Ich musste zum ersten Mal ein Jahr lang auf eigenen Beinen stehen, obwohl der Kontakt zur Familie immer da war. Ich habe dort auch die bisher beste Saison meiner Karriere gespielt.“ Aber auch hier kam es – schneller als zuvor beim FCS – zum Abschied: „Ich hatte von Anfang an starkes Heimweh nach meiner Familie und den Freunden.“
Bei den Anhängern des 1. FC Saarbrücken ist die Torfrau sehr beliebt.
So oft es nur ging fuhr sie ins Saarland, wenn es auch nur für einen Tag war. ,,Mir fiel es auch sehr schwer, im Winter nach der Trainingspause wieder von Saarbrücken zurück nach Bad Neuenahr zur Vorbereitung zu fahren“, erzählt Holz von ihrem ersten Jahr als Nicht-FC-Fußballerin, „Daran hatte ich schon zu knabbern. Ich fühlte mich dort einfach nicht mehr wohl. In der Mannschaft war alles ok, aber das ganze Drumherum… Ich fühlte mich ohne Eltern und Freunde die ganze Zeit alleine und mir ging es zeitweise sehr schlecht, ich war oft krank und es hat mir auf die Psyche geschlagen. Ich habe mir gesagt: jetzt muss ich einen Schlussstrich ziehen.“ Damals wusste sie noch gar nicht, ob es mit dem Fußballspielen in Saarbrücken überhaupt wieder klappen würde – aber das spielte bei der Entscheidungsfindung keine Rolle: „Die Anfrage des FCS kam erst später. Ich bin auch mit dem Gedanken nach Saarbrücken gegangen, vielleicht gar keinen Fußball mehr zu spielen. Im Endeffekt ging es mir bei dieser Entscheidung um mich und mein Wohlbefinden und das ging halt nur in Saarbrücken.“
„Ich lasse den Kopf nicht hängen und gebe mein Bestes“
Jetzt ist sie wieder da und hat auch diese Entscheidung nicht bereut: „Ich fühle mich hier wieder sehr sehr wohl. Ich bin auch die Nummer eins, bringe meine Leistung und der Trainer ist zufrieden. Ich bin endlich wieder bei meiner Familie, meinen Freunden und hab‘ jetzt wieder meine eigene Wohnung.“ Dass es beim von Trainer Stephan Fröhlich quasi neu aufgestellten FCS „schwer wird, in der Liga zu bestehen, und dass es auch das ein oder andere Mal öfter hinten rasseln wird“, das wusste Holz schon vorher, aber „das war mir egal. Ich habe mich verbessert, und auch hier hat sich einiges verändert. Ich wurde herzlich empfangen, sowohl von den alten Mitspielerinnen als auch von den neuen.“ Mit allen ihren Mitspielerinnen will sie ehrgeizige Ziele erreichen. Neben dem Klassenerhalt in der Bundesliga, von dem sie absolut überzeugt ist, bleibt ein ganz persönliches Ziel die A-Nationalmannschaft. „Ich wurde zuletzt in Frauenfußball-Magazinen immer als die Nummer vier Deutschlands gewählt. Damit, dass es zur WM 2011 im eigenen Land wohl nicht mehr klappt, habe ich mich abgefunden. Aber es gibt ja noch Olympia 2012 in London, und die nächste WM kommt auch bald schon wieder. Ich lasse den Kopf nicht hängen und gebe weiter mein Bestes“, gibt sich Holz kämpferisch.
Vielleicht trifft sie dann auch wieder auf ihre langjährige Weggefährtin Nadine Kessler, die Holz mit den Worten „Romina ist lieb, familiär, gesellig, sportlich, hat eine überragende Ausstrahlung und eine super Technik. Das gibt‘s selten bei Torhüterinnen“ beschreibt. Und Romina erwidert: „2012 gemeinsam in der A-Nationalmannschaft zu spielen, wäre unser beider Wunsch. Nadine steht momentan auch nicht im Kader. Ich würde mich freuen, wenn es nochmal klappen würde.“
Veröffentlicht am 25. Dezember 2010 in FORUM – Das Wochenmagazin.